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Teslas Zukunft entscheidet sich in China

Tesla Model S an der Fremont Factory (c) Jay Watson

Der jüngste US-Autohersteller ist aktuell auch der Wertvollste. Beim Höchstkurs von 312,39 Dollar überstieg Teslas Marktkapitalisierung (Aktienkurs x Aktienanzahl) den Wert von General Motors (50,9 Milliarden Dollar), Ford (45 Milliarden Dollar) und Chrysler (13,1 Milliarden Dollar, gehört zu FiatChrysler). Dabei kamen in der Woche vor Ostern kaum Neuigkeiten aus Kalifornien. Lediglich Auto-Analyst Alex Potter von Piper Jaffray stufte die Aktie hoch und gab als Kursziel 368 Dollar an.

Unerklärlich“, sagt Mike Jackson, Chef des größten US-Autohändlers Auto Nation, “Entweder ist es das größte Betrugsschema aller Zeiten oder es wird funktionieren.” Beim Blick auf die Zahlen der drei US-Autofirmen reiben sich so manche die Augen. Tesla verkaufte im vergangenen Jahr 76.230 Fahrzeuge. Bei GM waren es mit GMC, Cadillac, Chevrolet, Buick, Opel und weiteren Marken weltweit zehn Millionen Fahrzeuge. Mit jedem dieser Autos verdient GM Geld (9,4 Mrd. Dollar). Tesla hat in seiner Zeit an der Börse erst zwei Quartale mit schwarzen Zahlen abgeschlossen. Jackson fragt zu Recht, wie Tesla mit seinem kommenden Model 3 bei einem Verkaufspreis ab 35.000 Dollar Geld verdienen will, wenn sie es bei Fahrzeugen mit einem Preisschild jenseits der 100.000 Dollar-Marke nicht schaffen?

Statista Tesla vs US-Autohersteller

Tesla ist kein Autohersteller

Via Twitter gibt Tesla-Boss Elon Musk unumwunden zu, sein Unternehmen sei “absurd überbewertet“. Um gleich einzuschränken, wenn man die Vergangenheit zugrunde legt. Hier wird eine Wette auf die Zukunft gehandelt. Der Vergleich mit den Zahlen von Ford und GM ist unpassend. Tesla ist kein klassischer Autohersteller. Nicht umsonst hat das Unternehmen den Zusatz “Motors” aus der Firmierung gestrichen. Tesla ist im Geschäft mit nachhaltiger Energiegewinnung und -nutzung.

Der Vergleich hinkt auch, weil Ford und GM weder nach Öl bohren, noch eine Raffinerie oder ein Tankstellennetz betreiben. Tesla dagegen investiert in den Ausbau seiner (aktuell 828) Schnellladestationen entlang der Autobahnen sowie der Destination Charger (5.000) an Hotels, Restaurants und Einkaufszentren. Kein anderer Elektroautohersteller installiert eine eigene Ladeinfrastruktur. Tesla baut derzeit eine Gigafactory für Batterien in der Wüste von Nevada sowie eine Gigafactory für Solarzellen in Buffalo im Bundesstaat New York. Mit der kürzlich übernommenen Firma SolarCity der beiden Musk-Cousins hat Tesla vier Dachziegel-Varianten präsentiert. Die sehen nicht nur gut aus, sondern wandeln Sonnenlicht in Strom. Weitere Dollars floßen in die Übernahme des Fertigungsspezialisten Grohmann Engineering in Prüm in der Eifel. Alles Investitionen, deren Wert sich erst morgen oder übermorgen herausstellen wird. Doch in welchen Größenordnungen die Kombination aus Photovoltaik und Speicherbatterien bereits funktioniert, belegt Tesla auf der Insel Kauai (Hawaii). Hier werden schon länger Solarzellen für die Energiegewinnung genutzt, doch nachts musste man Dieselgeneratoren anschmeißen. Heute erzeugen knapp 55.000 Solarpanel eine Leistung bis zu 13 Megawatt, die in 272 Powerpacks mit einem Volumen von 52 Megawattstunden die Energie speichern.

Subventionen laufen aus

Zurück zu den Autos: Westliche Industrienation fördern den Kauf von Plugin-Hybriden als auch Elektroautos. In den USA gibt es vom Bund bis zu 7.500 Dollar Steuererleichterungen. Doch diese Subvention ist auf 200.000 Fahrzeuge pro Hersteller begrenzt. Tesla dürfte bereits etwas über 100.000 Autos auf US-Straßen haben. Mit mehr als 400.000 Vorbestellungen für das Model 3 kommt nur ein kleiner Teil der US-Käufer in den Genuss dieser Förderung. Was das Auslaufen von Subventionen bedeutet, zeigt ein Edmunds-Report. Der Bundesstaat Georgia gewährte bis Juli 2015 einen Steuerbonus in Höhe von 5.000 Dollar beim Kauf oder Leasing eines Elektroautos – zusätzlich zur Bundesförderung. Mit dieser Landesförderung lag der Anteil zugelassener Elektroautos bei 17 Prozent bezogen auf die gesamte USA. Nach Auslaufen der Landesförderung sackte der Anteil in Georgia auf 2 Prozent.

Dass eine Förderprämie den Absatz von Elektroautos, insbesondere die hochpreisigen Teslas, beflügelt, kann man in Deutschland nicht behaupten. Einen Antrag auf den Umweltbonus für ein Elektroauto (bis zu 4.000 Euro) stellten bis Ende März 2017 gerade mal 8.655 Käufer, davon gerade mal 439 für einen Tesla. Insgesamt wurden rund 1.900 Teslas im Jahr 2016 hierzulande verkauft. Die Bundesregierung und deutsche Autohersteller fördern den Absatz von Elektro- und Plugin-Hybriden mit insgesamt 1,2 Milliarden Euro. Das Geld wird im „Windhund“-Verfahren vergeben: Wer zuerst kommt, erhält die Prämie. Ist die Summe aufgebraucht, endet die Förderung, spätestens 2019 ist Schluss. Die deutschen Autohersteller um Daimler und Volkswagen werden allerdings kaum vor 2020 reine Elektroautos auf dem Markt haben.

Das Spiel entscheidet sich in China

Das sieht in China anders aus. Bereits ein Dutzend Hersteller, die meisten Namen haben wir hierzulande noch nie gehört (BAIC, GAC, Dongfeng, JAC), buhlen mit Elektroautos um die Gunst der Käufer. In der Regel sind es Kleinwagen zwischen umgerechnet 10.000 und 35.000 Dollar. Doch auch Tesla erzielt hier mit seinen hochpreisigen Modellen ansehnliche Erfolge. Das Unternehmen weist seine Verkäufe nicht nach Regionen aus, doch sollen 2016 in China 7.500 Elektroautos mit dem T auf der Haube verkauft worden sein. JL Warren Capital kommt auf 11.839 importierte Tesla, was fast fünf Mal so wäre wie 2015. Neben staatlichen Prämien spielt in China etwas anderes eine entscheidende Rolle: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist autotechnisch ein weißes Blatt Papier. Von 1.000 Einwohnern besitzen 24 ein eigenes Fahrzeug. Mit der aufstrebenden Mittelklasse ändert sich das. Ein Vorgeschichte oder Vorbehalten gegenüber neuen Antriebstechniken bestehen bei den Käufern nicht. Zudem sprechen praktische Gründe für ein Elektroauto: In Metropolen werden die Zulassungen sofort erteilt und man darf mit dem Auto bei Smog-Alarm fahren.

Bislang musste ein ausländischer Autohersteller einen lokalen Partner ins Boot holen, um in China produzieren zu dürfen. Hinter dem Venezia von Dongfeng steckt ein Nissan Leaf, der Zinoro von Brilliance basiert auf dem BMW X1. Daimler kooperiert mit der Bejing Automotive Industry Company (BAIC) als auch mit BYD (Build your Dreams) bei der Marke Denza. BYD hat übrigens im vergangenen Jahr weltweit 102.500 Elektroautos verkauft, deutlich mehr als Tesla (76.230). Insgesamt wurden in China 2016 rund 336.000 PKW mit Elektroantrieb abgesetzt. Ein Plus von 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bis 2020 sollen hier fünf Millionen Fahrzeuge mit Batterie bzw. Plugin-Hybrid-System rollen. Die Regierung investiert in den Ausbau der Ladeinfrastruktur. In drei Jahren sollen 4,8 Millionen Ladesäulen installiert sein.

Tesla muss in China produzieren. Ein Import der über zwei Tonnen schweren Fahrzeuge von Kalifornien nach China ist zu teuer. Gerüchte, es gäbe eine Einigung über eine Gigafactory in der Region Guangdong, hat Tesla bislang dementiert. Dabei hat Chinas Regierung den Zwang eines lokalen Partners für die New Energy Vehicle gelockert. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, wann Tesla eine Fertigung in China eröffnet.

Vielleicht hilft Teslas jüngster Investor beim Einstieg in den chinesischen Markt. Die börsennotierte Holding Tencent aus Shenzhen ist mit 1,7 Milliarden Dollar eingestiegen und besitzt rund fünf Prozent der Tesla-Anteile. Tencent-Boss Martin Lau glaubt an den Erfolg von Elektroautos. Die chinesische Holding ist auch bei NIO und FMC investiert. Elon Musks visionäre Mission vom nachhaltigen Transport dank erneuerbarer Energie, dürfte sich nur realisieren lassen, wenn Tesla Erfolg in China hat. In ein paar Jahren kann man noch mal Aktienkurse vergleichen, falls dann GM und Ford noch an der Börse notiert sind.

Fotocredit: Jay Watson